Die Angst als epigenetischer Motor

Einleitung

Das Wort Angst ist für viele von uns negativ besetzt. Angst zu haben ist grundsätzlich nichts Schönes. Es gibt kein besonderes ansehen, wenn man Angst hat. Sowohl Frauen aber meistens Männer geben es nicht zu, wenn Sie Angst haben.

Angst ist eine vielseitige Materie. Ist Angst messbar? Genetisch festgelegt? Epigenetisch integrierbar? Was ist Angst im eigentlichen Sinn? Gibt es auch Gründe für die Angst? Bringt einem Angst etwas? Wenn ja was genau?

Ist Angst eine normale Reaktion auf etwas? Ist Angst pathologisch und gibt es andere Wörter die Angst besser beschreiben oder einteilen lassen – wie in etwa Furcht?

Epigenetik und Neuroanatomie

Forscher der Rutgers University in Piscataway, New Jersey, fanden heraus, dass das Gefühl der Angst genetisch festgelegt ist. Sie fanden das Gen Stathmin, welches angeborene als auch erlernte Angst steuert. Bei weiteren Untersuchungen fand man heraus, dass Mäuse, welchen dieses Gen fehlte, in den Untersuchungen regelrechte Draufgänger waren.

Bei der Entstehung von Angst im Körper spielen viele unterschiedliche Bereiche im Gehirn eine maßgebliche Rolle. Das emotionale Zentrum des Gehirns – die Amygdala, auch Mandelkern genannt– scheint aber nach bisherigem Forschungsstand der Knotenpunkt bei der Angstentstehung zu sein. Vereinfacht gesagt, wird ein Angst erzeugender Reiz in der Amygdala verarbeitet. Diese setzt im Anschluss eine Bewegungskette von unterschiedlichen Hormonen wie beispielsweise Adrenalin, Cortisol, Dopamin in Gang, welche differente angstdominierten Körperreaktionen auslösen.

Steigender Blutdruck und Puls, Herzrasen, flache schnellere Atmung, Schweißausbruch, Pupillenverengung und vieles mehr sind Reaktionen auf Angst, welche wir alle selbst bei uns kennen.

Historische & Herkunfts Aspekte

Viele Sprüche wie „Die Angst steht dir ins Gesicht geschrieben“, „Vor Angst in die Hose machen“ oder „Vor Angst zittern wie Espenlaub“ sind Synonyme für Angstreaktionen welche tatsächlich auch stattfinden. Muskeln zucken, Zähne knirschen, Die Kehle schnürt sich zu und die Enge im Brustkorb ist spürbar.

Auch die Herkunft des Stammwortes in der deutschen Sprache Angst, vom lateinischen „Angustus“, was soviel bedeutet wie „eng oder zuschnüren“, versinnbildlicht bereits bei der Bedeutung und Herkunft das Gefühl des Wortes und ihre somatischen Auswirkungen auf den Körper.

Angst und ihr Nutzen

Doch all diese Reaktionen sind evolutionstechnisch geprägt von einem ganz klaren Nutzen. Die Aufmerksamkeits- und Leistungssteigerung für den Ernstfall soll den Körper und den Geist wachsam machen bzw. aufwecken.

In Millisekunden müssen wir über Flucht oder Angriff. Überleben oder Tot entscheiden. In Hinblick auf die existenzielle Bedrohung wird der Körper somit durch die Ausschüttung verschiedener Hormone so in eine Bereitschaft vollster Leistungsfähigkeit versetzt. Man läuft schneller, nimmt Umfeldereignisse als bedrohlicher war und hemmt die Erstarrung vor gefährlichen Ereignissen.

Diese Evolutionstechnische Maßnahme in unserem Körper hat unser Überleben über viele tausende Jahre gesichert. Ohne diesen exakt ablaufenden Wirkmechanismus hätte sich unsere Spezies nicht durchsetzen können.

Also muss man sich im Hinblick auf die Evolution alles andere für seine Angst schämen oder gar erröten. Angst war für viele Jahre unsere Garantie für das Überleben und somit durchaus sinnvoll. Ohne Ängste wäre die Menschheit schon längst untergegangen. Ängste sind somit grundsätzlich genetisch verankert und sinnvoll um unser Überleben zu sichern. Gerade grundlegende existentielle Ängste markieren einen deutlichen Punkt in unserer Evolutionsgeschichte und sind bis ins heutige Leben klar bei allen Menschen und jedem Typen erkennbar.

Angst in der zivilisierten Welt

Angst in unserer Zeit

In unserer jetzigen Weltsituation sind die existenziellen Bedrohungen wie vor tausenden von Jahren nicht mehr in demselben Ausmaß gegeben bzw. wurden durch andere Sinnbilder abgelöst. So ist die Bedrohung von wilden Tieren, die auf uns lauern und uns töten können kaum mehr gegeben. Jedoch funktioniert unser Körper durch die tausenden Jahre Evolutionsgeschichte noch genauso wie damals. Nur sind die Angst-auslösenden Faktoren gewichen bzw. wurden ersetzt durch andere Formen und Strukturen. Dafür haben andere Formen der Angst wie beschrieben Einzug in unser Leben erhalten. Angststörungen, Klaustrophobien, Arachnophobien, Phobophobien etc. sind nur ein Teil der heutigen zu behandelnden Angstformen.

Klar ersichtlich wird dadurch, dass die Angst nicht weniger geworden ist, sondern in anderen Formen dargestellt und ersetzt wurde. Wie können wir jedoch mit dem Wissen der Evolutionsgeschichte und Genetik die Angst als Angst erkennen? Die ersetzenden Angstmuster von tausenden vor Jahren aufspüren und mit diesen Ängsten auf unsere derzeitigen Situationen Ableitungen schaffen?

Definitiv wichtig wird sein, dass Wissen, über die vergangen Formen der Ängste, klar herausstreichen zu können. Klar zu definieren um welche Ängste es sich handelt bzw. die Verbindung zu den damals vorherrschenden Mustern zu schaffen.

Um Angst auflösende Erlebnisse schaffen zu können muss das Wissen über die Evolution, Genetik, Biochemie und diverser psychotherapeutischer Forschungen vorhanden sein.

Mit manchen Ängsten lernt man zu leben. Solange Ängste im „normalen“ Lebensalltag nicht hindern, ist Angst positiv einschränkend aber nicht lähmende.